Stickstoffmonoxid | NO

Stickstoffmonoxid (weitere, aber ungenaue Namen: Stickstoffoxid und Stickoxid) und davon abgeleitete Produkte haben als Biomoleküle eine sehr junge Entdeckungsgeschichte. Entscheidend war 1987 die Identifikation des Stickstoffmonoxids (Stickstoffmonoxid, NO) als der über längere Zeit gesuchte EDRF (endothelium derived relaxing factor) durch die Arbeitsgruppen um Furchgott, Ignarro, Murad und Moncada (Furchgott & Zawadzki 1980; Ignarro, Buga et al. 1987; Molina, Andresen et al. 1987; Palmer, Ferrige et al. 1987). Die Pionierleistungen auf dem Gebiet der Stickstoffmonoxid-Forschung wurden 1998 mit der Vergabe des Nobelpreises gewürdigt. Nachdem sich zeigte, daß Stickstoffmonoxid im Organismus ubiquitär vorkommt und mannigfaltige physiologische sowie pathophysiologische Wirkungen hat, folgte eine regelrechte Flut von Veröffentlichungen. Die gleichsam vielfarbig schillernden Eigenschaften des Stickstoffmonoxids, das sowohl als Biosignal als auch als toxisches Agens (eben als Freies Radikal), ja mitunter auch als protektives, wirken kann, mögen dafür verantwortlich sein.

Wirkung von Stickstoffmonoxid im Körper

Als bioaktives Molekül entfaltet Stickstoffmonoxid eine Vielzahl von Wirkungen. Die wesentlichen sind:

Gefäßerweiterung

(= Vasodilatation (Lateinisch - vas = 'Gefäß' und dilatatio = 'Erweiterung'))

Enzyme, genauer NO-Synthasen in den Zellen (meistens Endothelzellen am Rand der Blutgefäße) produzieren Stickstoffmonoxid das über Zellmembranen hinweg, in die naheliegenden Muskelzellen wandert (diffundiert) - und dort eine Relaxation bewirkt, die dann zu einer Erweiterung der Blutgefäße führt - mit Auswirkungen auf den Blutdruck.

Genauer: in den Muskelgewebe bewirkt NO die Bildung des Botenstoffes cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP), das wiederum die Erschlaffung der glatten Gefäßmuskelzellen bewirkt.

Auf diesem Mechanismus beruhen die diversen medizinischen Applikationen von Stickstoffmonoxid, um z.B. die Herzkranzgefäße zu entspannen. NO wird auch bei Entzündungen oder Funktionsstörungen der Lunge therapeutisch eingesetzt. Da NO in reiner Form sehr aggressiv und giftig ist, muss es entweder hochverdünnt zugeführt werden, oder über spezielle Chemikalien, die NO in geringen Konzentrationen freisetzen.

 

Neurotransmitter

In vielen Arealen des ZNS (Zentrales Nerven-System) haben etwa 1-3% der Neurone eine sehr hohe Konzentration von NO-Synthasen (der neuronalen Isoform, nNOS). Da NO etliche Zelldurchmesser weit diffundieren kann bevor es mit einem anderen Molekül reagiert, kann NO so als Neuromodulator wirken. Es kann so auch Neurone beeinflussen, die nicht durch Synapsen miteinander verbunden sind.

Immun-System

Makrophagen und auch ihre "Verwandten" aus dem ZNS, die Mikroglia, können nach einem Stimuli wie bei einer Entzündung, hohe Mengen an NO produzieren - zur Abwehr von Bakterien (Stichwort: unspezifische Immunreaktion).

 

Eigenschaften

NO Chemie

Stickstoffmonoxid gehört zu einer Gruppe von chemischen Verbindungen die unter der Sammelbezeichnung Stickoxide, Nitrose Gase oder Stickstoffoxide zusammengefasst werden (auch als NOx dargestellt). Alle sind gasförmigen Verbindungen aus nur 2 Elementen, Stickstoff und Sauerstoff (chemische Bezeichnung: Oxide des Stickstoffs).
Sowohl Sauerstoff als auch Stickstoff kommen praktisch nur als bi-atomare Verbindungen vor - jeweils 2 Atome bilden ein Molekül (analog zu Wasserstoff). Stickstoff ist in der normalen Luft mit etwa mit etwa 78% vertreten und Sauerstoff mit etwa 21% — macht zusammen 99%.
Alle Stickstoffoxide sind endotherme Verbindungen, das heißt sie bilden sich nur unter Energiezufuhr (physiologisch sind dafür die NO-Synthasen zuständig).
Stickstoffmonoxid reagiert sehr schnell (unter einer Sekunde) mit vielen Atomen und Molekülen. Außer mit seinesgleichen (nur so ist es möglich synthetisch hergestelltes NO in Flaschen abzufüllen), mit Edelgasen und mit reinem Wasser nur sehr verzögert.
Mit Sauerstoff (z.B. durch Luftzufuhr) verbindet sich NO (diesmal exotherm) zu dem bräunlichen, giftigen, chlorähnlich riechendem Gas Stickstoffdioxid (NO2 und damit ebenfalls ein Mitglied der Familie der Stickoxide).

NO Biologisch - Medizinisch

Stickstoffmonoxid ist ein farbloses Gas, das unter Arginin-, Sauerstoff- und NADPH-Verbrauch von der Stickstoffmonoxid-Synthase (NOS) synthetisiert wird, wobei schlußendlich als stabiles Endprodukt Nitrit und/oder Nitrat entsteht. Stickstoffmonoxid besitzt ein ungepaartes Elektron, ist (elektrisch) neutral und diffundiert durch cytosolische und membranöse Kompartimente. Trotz seiner radikalischen Eigenschaften hat Stickstoffmonoxid eine ungewöhnlich lange Halbwertszeit von 2 – 3 s in biologischen Systemen und von etwa 400 s (bei einer Konzentration von 1 µM) in reinem Wasser (Hakim, Sugimori et al. 1996). Mathematische Modelle erlauben dabei den Schluß, daß Stickstoffmonoxid - von einer punktförmigen Quelle für einige Sekunden freigesetzt - in biologischen Systemen etwa 200 µm diffundieren kann (Wood & Garthwaite 1994). Es wurde vorgeschlagen, daß Stickstoffmonoxid das einzig bisher bekannte Radikal ist, welches unter biologischen Bedingungen eine ausreichende Stabilität besitzt, um als extrazellulärer ‚Messenger‘ zu fungieren. Zu den physiologischen Wirkungen des Stickstoffmonoxids zählen Vasodilatation, Redoxregulierung am NMDA-Rezeptor, Hemmung der Thrombocytenaggregation, Verstärkung synaptischer Lernprozeße sowie zahlreiche immunmodulatorische Effekte.

 

 

 

Schmerzen & Verletzungen